Bericht an die Gesellschaft

Gleichstellung | KSK Heinsberg 2018

Interview mit der Gleichstellungsbeauftragten

„Bei der Gleichstellung haben wir auch eine Vorbildfunktion“

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist vom Grundgesetz vorgegeben. Zahlreiche weitere gesetzliche Bestimmungen regeln wichtige Aspekte dieses Verfassungsgrundsatzes. Die Kreissparkasse Heinsberg hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, um die Chancengleichheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sicherzustellen. In vielen Bereichen gibt es aber auch noch weiteren Umsetzungsbedarf. Koordination und Kontrolle der Gleichstellungsmaßnahmen fallen in das Ressort der Gleichstellungsbeauftragten der Kreissparkasse Heinsberg. 

Wie die Praxis aussieht, erläutert Astrid Nebel, die das Amt der Gleichstellungsbeauftragten seit September 2018 innehat.

Was ist Ihre konkrete Aufgabe als Gleichstellungsbeauftragte?

Dass die Sparkassen eine Gleichstellungsbeauftragte benennen müssen, ist zunächst einmal im Landesgleichstellungsgesetz verankert. Ich arbeite innerhalb der Hauptabteilung Vorstandssekretariat und Personal, die von Frau Jakobs-Bolten geleitet wird, im Bereich Personalentwicklung. Für meine Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte bin ich von meiner regulären Tätigkeit zu 30 Prozent freigestellt und direkt dem Vorstand unterstellt. Meine Aufgabe als Gleichstellungsbeauftragte ist es, auf der Grundlage des Landesgleichstellungsgesetzes NRW (LGG NRW) wie auch des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) darauf zu achten, dass Benachteiligungen von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern vermieden werden. Dazu gehört beispielsweise, in Unternehmensbereichen, wo Unterrepräsentationen von Mitarbeiterinnen vorkommen, an Maßnahmen mitzuwirken, die diesen Zustand auflösen.

Ich bin auch in viele Personalmaßnahmen eingebunden, zum Beispiel bei Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren. Dabei berate ich meinen Arbeitgeber, dass diese Maßnahmen LGG-konform ausgestattet werden.

Wie schätzen Sie den Status Quo bei der Gleichstellung in der Kreissparkasse Heinsberg ein?

Ich denke, dass wir grundsätzlich unseren Mitarbeiterinnen gute Möglichkeiten bieten, was ihre beruflichen Perspektiven betrifft. Darüber hinaus hat sich der Vorstand zu zentralen Aspekten der Gleichstellung bekannt und diese strategisch festgeschrieben. Es gibt in unserem Haus ein Frauenförderkonzept, nach dem wir uns richten, und das umfangreiche Maßnahmen in der Personalplanung und Personalentwicklung vorsieht. Dazu zählen ein Mentoring-Programm und Potenzialseminare. Außerdem haben wir für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie diverse Möglichkeiten in Form flexibler Arbeitszeitmodelle geschaffen.

Ein Problem sehe ich eher bei den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Besetzung bestimmter Fach- und Führungspositionen: Der zeitliche und organisatorische Aufwand für eine solche Tätigkeit überschneidet sich dann oft mit der privaten Familienplanung und Rollenverteilung. Da wäre eine bessere Infrastruktur hilfreich, beispielsweise im Bereich der Kinderbetreuung, aber auch der Pflege, die ja in immer mehr Familien ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.

Und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sicher noch hier und da umdenken und selbst initiativ werden. Frauen neigen eher als Männer dazu, sich in Frage zu stellen und sich weniger zuzutrauen. Wenn sie mehr Unterstützung im privaten und familiären Bereich bekommen und im beruflichen Umfeld gestärkt werden, dann sind wir schon einen guten Schritt weiter.

Ihre Aufgabe ist es also auch, Mut zu machen und Perspektiven aufzuzeigen?

Auf jeden Fall. Wir bieten unseren Mitarbeiterinnen beispielsweise Potenzialseminare und Workshops, die ihnen dabei helfen, die eigenen Stärken und Schwächen einzuschätzen. Das ist eine wichtige Hilfestellung, um Entscheidungen für die berufliche Zukunft zu setzen. Das schafft auch eine grundsätzliche Motivation, indem es den Frauen verdeutlicht: Es ist in Ordnung, wenn Du beruflich Karriere machen möchtest. Und es ist ebenso in Ordnung, wenn Du ein halbes oder ganzes Jahr Elternzeit in Anspruch nehmen möchtest.

Sie haben das Landesgleichstellungsgesetz erwähnt. Seit 2017 gilt außerdem das Entgelttransparenzgesetz, das eine größere Lohngerechtigkeit gewährleisten soll. Wie wichtig sind diese gesetzlichen Vorgaben?

Wir zahlen nach TVÖD-S einschließlich der neuen Entgeltordnung. Die Beschäftigten der Kreissparkasse Heinsberg werden danach eingruppiert. Insofern ist sichergestellt, dass sowohl das Benachteiligungsverbot als auch das Entgeltgleichheitsgebot hinsichtlich der tariflichen Vergütung eingehalten wird. Die Gleichbehandlung bzw. -bezahlung von Frauen und Männern ist damit in unserem Haus per se gegeben.

Grundsätzlich schaffen gesetzliche Vorgaben klare Rahmenbedingungen und Vergleichsmöglichkeiten. Das ist auch deshalb wichtig, weil sich Arbeitsfelder und Qualifikationsbedingungen laufend ändern und bestehende Regelungen angepasst werden müssen. Die Regelungen haben außerdem den Vorteil, dass nicht mehr das Alter den entscheidenden Ausschlag gibt, sondern Berufserfahrung und Tätigkeitsmerkmale zur Einstufung herangezogen werden. Fühlen sich Frauen dennoch bei der Eingruppierung benachteiligt, stehe ich gerne als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

Gesetzliche Vorgaben schaffen einen gewissen Druck, der gegeben sein muss. Früher galt der Grundsatz, dass die Betriebe selbst die Quoten setzen. Dadurch ist aber relativ wenig in Bewegung gekommen. Bei Personalfragen spielt die Kostenseite eine große Rolle – und Fördermaßnahmen kosten nun mal zunächst. Der Erfolg wird bisweilen erst im zweiten Schritt sichtbar. Vergleichbare Rahmenbedingungen schaffen Transparenz und Orientierung, etwa wenn Frauen sich auf eine Führungsposition bewerben und wissen möchten, was ihnen zusteht.

Ein wichtiger Aspekt des Frauenförderkonzepts ist das Mentoring-Programm der Kreissparkasse Heinsberg. Was hat es damit auf sich?

Das Programm wendet sich an Mitarbeiterinnen, die schon auf einer etwas fortgeschrittenen beruflichen Ebene angekommen sind, die den Sparkassen-Fachwirt oder eine adäquate Ausbildung haben und mindestens ein Jahr Berufserfahrung vorweisen können. Im Rahmen dieses Programms bringen wir Führungskräfte der zweiten und dritten Ebene als Mentorinnen und Mentoren mit den Mitarbeiterinnen zusammen, damit diese vom Wissensvorsprung und der Erfahrung der Führungskräfte profitieren können. Das bereichert beide Seiten: Die so genannten „Mentees“ erhalten praktische Informationen und Ratschläge aus erster Hand, eventuell auch Unterstützung und Motivation bei Stellenausschreibungen oder Qualifikationsmaßnahmen. Die Mentoren wiederum bekommen neue Anregungen und Ideen oder sie erfahren unmittelbar, wo vielleicht Probleme bestehen könnten. Das Mentoring-Programm ist ein ausgezeichneter Weg, um „Networking“ sowie „Soft-Skills“ wie Selbstvertrauen, Eigeninitiative usw. zu fördern.

Das Programm ist auf zwei Jahre angelegt, wobei der Rahmen relativ locker vorgegeben ist. In diesem Jahr ist bereits der zweite Durchgang gestartet. Es gibt jeweils eine Veranstaltung zur Einführung, zur Zwischenbilanz und zum Abschluss. Vorgesehen sind mindestens vier Gespräche zwischen Mentorin bzw. Mentor und „Mentee“, insgesamt können beide aber selbst entscheiden, wie sie Kommunikation und Austausch organisieren. In diesem Jahr nehmen neun Mitarbeiterinnen und neun Führungskräfte an dem Programm teil. Es gibt auf regionaler Ebene auch ein institutsübergreifendes Cross-Mentoring-Programm. Auch daran nehmen aktuell zwei Mitarbeiterinnen aus unserem Haus teil – eine als Mentorin, eine als Mentee.

Sparkassen stehen ganz besonders im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Resultiert daraus eine Vorbildfunktion?

Ganz sicher. Wir sind eine Anstalt des öffentlichen Rechts und dem Kreis eng verbunden, außerdem einer der größten Arbeitgeber vor Ort. Wir bieten attraktive Arbeitsbedingungen mit einer breiten Palette an Ausgestaltungsmöglichkeiten. Das wird auf jeden Fall auch nach außen getragen: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind vielfach ehrenamtlich aktiv, in Vereinen, an Schulen und sie kommunizieren natürlich auch in den Familien sowie im Freundes- und Bekanntenkreis darüber. Darum ist es schon sehr wichtig, dass wir dieses Thema auch vorleben.

Wo soll die Sparkasse in fünf Jahren stehen?

Wir haben aktuell schon eine sehr hohe Frauenquote: Der Anteil der Mitarbeiterinnen liegt bei knapp über 60 Prozent. Das Verhältnis kippt jedoch, je höher man in den Entgeltgruppen steigt. Immerhin haben wir schon erreicht, dass dieser Kipppunkt nicht mehr in der Entgeltgruppe 9, wie noch 2017, sondern zwei Stufen höher auftritt. Allerdings ist er da auch noch sehr ausgeprägt. Ich wünsche mir, dass wir diese Grenze in den nächsten fünf Jahren weiter nach oben verschieben können, vielleicht sogar ganz durchbrechen können. Grundsätzlich haben wir schon eine sehr positive Entwicklung in den unteren Führungsbereichen, wo es mehrere Gruppenleiterinnen, Filialleiterinnen mit Führungsverantwortung und qualifizierte Beraterinnen und Sachbearbeiterinnen gibt. Diesen Trend sollten wir fortsetzen.

Eine Vorbildfunktion hat sicher Frau Jakobs-Bolten, die aktuell die Hauptabteilung Vorstandssekretariat und Personal leitet und ab nächstem Jahr Vorstandsmitglied sein wird. Sie zeigt schon von ihrem persönlichen Profil her, wie ein beruflicher Weg aussehen kann. Außerdem engagiert sie sich sehr für Gleichstellung und Chancengleichheit. Das hat positive Signalwirkung: Es gibt eine Frau an der Spitze, die die Thematik aus persönlicher Anschauung versteht und nachvollziehen kann.

 

Liebe Leserinnen und Leser,

wir freuen uns über Ihre Meinung und Ihre Anregungen zu unserem „Bericht an die Gesellschaft“.

Schreiben Sie uns einfach – wir sind neugierig.

Vielen Dank.
Ihre Kreissparkasse Heinsberg