Neustart oder Boxenstopp?
Themenfokus Neues Lernen: Die Zukunft der schulischen Bildung im Kreis
Die zweite Welle der Corona-Pandemie liegt wie Mehltau auf allem. Weil klassische Unterrichtsformen nur eingeschränkt möglich sind, mussten schnell neue Lehr- und Lernformen umgesetzt werden. Die Schulen im Kreis haben die Herausforderungen bislang gut bewältigt – auch dank des zusätzlichen Aufwands, der Kreativität und des Engagements, das von Lehrern, Schülern, Eltern und Unterstützern investiert wurde.
Gute Ansätze bei Digitalisierung
Die Pandemie trifft die Schulen zu einer Zeit, in der sie ohnehin mit vielen neuen Herausforderungen konfrontiert sind. Auf einigen Themenfeldern könnte sie daher vielleicht sogar als Katalysator wirken. Das gilt vor allem für die Digitalisierung und den Einsatz neuer Medien und Lernformate im Unterricht. Die Schulen im Kreis haben es in vielen Fällen erstaunlich schnell geschafft, alternative Lernangebote für den Distanzunterricht aufzubauen – oft mit tatkräftiger Unterstützung aus der heimischen Wirtschaft und durch engagierte Eltern und Schüler.
Dennoch gibt es beim Thema Digitalisierung durchaus noch viel Luft nach oben. Über den „Digitalpakt.NRW“ und die „Ausstattungsoffensive für Schulen“ bietet das Land umfangreiche Fördermittel für die Verbesserung der digitalen Infrastruktur. Für den Kreis Heinsberg stünden so insgesamt 12,2 Millionen Euro zur Verfügung. Davon waren Ende 2020 erst knapp 3 Millionen Euro abgerufen worden. Schon vor Corona begann der Kreis Heinsberg mit dem Aufbau einer Medienstrategie für die Schulen. Der Ausbau des Breitbandnetzes im Kreis wird voraussichtlich 2023 zum Abschluss kommen.
Trotz Lockdown: Inklusion und Integration möglich machen
Digitalisierung ist für die Gestaltung der Schule der Zukunft zwar ein wichtiger Aspekt, aber sicher nicht der einzige. Auch der beste digitale Unterricht kann die Bedeutung sozialer Kontakte und gemeinschaftlichen Miteinanders nicht ersetzen. Das gilt vor allem für zwei wichtige Themenfelder, die in den Bildungsdiskussionen der vergangenen Jahre eine wichtige Rolle gespielt haben, nämlich Inklusion und Integration.
Viele Projekte oder Initiativen sind durch die aktuellen Vorschriften erschwert oder unmöglich. Einige Experten wie der Düsseldorfer Pädagoge Menno Baumann, Dozent der Fliedner Fachhochschule, warnen vor „einem Rückwärtssalto“ in Sachen Integration.
Im Kreis Heinsberg ist in den vergangenen Jahren einiges geleistet worden, um ein solides Fundament für Inklusion und Integration zu schaffen. Dabei haben öffentliche Einrichtungen und soziale Initiativen oft Hand in Hand gearbeitet. Durch das Kommunale Integrationszentrum (KI), dem Kristallisationspunkt gegen Armut für Integration (KAI), und ähnliche Initiativen ist zudem ein Netzwerk geschaffen worden, das wichtige Anlaufstellen und Relais für entsprechende Maßnahmen bereitstellt.
Ein wichtiger Akteur ist dabei die Lebenshilfe Heinsberg, die seit ihrer Gründung in den sechziger Jahren Menschen mit Behinderungen fördert und beim Weg in ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben unterstützt. Das tut sie nicht nur in eigenen Werkstätten und Bildungseinrichtungen, sondern auch durch Unterstützung inklusiver Bildungsmaßnahmen: Etwa 30 Integrationshelfer/innen und Schulassistent/innen begleiten seit 2015 Kinder mit Förderbedarf beim Besuch von Regel-Kitas und Regelschulen.
Vor dem Neustart oder danach?
Die Frage, ob die Schulen und Bildungseinrichtungen im Kreis Heinsberg einen Neustart wagen oder immer noch zum Boxenstopp gezwungen sind, lässt sich derzeit nicht wirklich beantworten. Sicher ist, dass sie – mit und ohne Corona – vor vielen wichtigen Zukunftsaufgaben stehen. Was denken Sie, ist die Schule auf einem guten Weg?